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Die kurze Vollzeit als systemisch relevante Forderung

These 1: Zeitliche Fremdbestimmung ist ein Herrschaftsinstrument

Zeitsouveränität ist gegensätzlich zu Zeitmangel und Fremdbestimmung.

Durch Erhöhung des Zeitwohlstands werden die Menschen ermächtigt, ihr Leben und unser Zusammenleben aktiv zu gestalten, gesellschaftspolitisches Engagement wird gestärkt und ermöglicht.

These 2: Arbeitsbereiche den Märkten entziehen!

Gegenwärtiger Trend: Erziehung, Pflege-, Haus- und Sorgearbeiten sowie kulturelle Angebote werden privatisiert. Dieser Trend muss umgekehrt werden. Gesellschaftliches Engagement im Sportverein und in Kultureinrichtungen, bei den Pfadfindern, in Computer-Clubs und in der offenen Jugendarbeit sollen nicht nach Marktlogik funktionieren!

These 3: Geschlechtergerechtigkeit verbessern

Das Modell des männlichen Versorgers hat leider noch nicht ausgedient. Frauen verdienen tendenziell weniger, deshalb bleiben sie bei Elternschaft eher zu Hause und kümmern sich um den Haushalt – denn ohne 40-Stunden-Woche scheint dem Mann keine Karriere möglich. Eine Teilhabe an den Pflege-, Haus- und Sorgearbeiten scheint ihm unmöglich. Lösung: Wird die Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche zum Normalfall, ist eine Familie mit dem Beruf vereinbar. Gleichzeitig können Alleinerziehende trotz Kind einen Vollzeitjob (8-15 Uhr) annehmen.

These 4: Stärkung der Gewerkschaftspositionen durch niedrige Arbeitslosigkeit

Millionen Menschen sind arbeitslos. Wer einen Job hat, leistet Überstunden und lebt trotzdem in Angst, seine Arbeit zu verlieren; Kritik an prekären Arbeitssituationen durch die Angst verhindert. Den Mut aufzubringen, zu streiken, wird dadurch erschwert. Statistisch arbeiten alle arbeitenden und arbeitssuchenden Menschen in Deutschland ca. 28 Stunden pro Woche. Bei einer 30-Stunden-Woche wäre die Arbeitslosigkeit sehr gering und so die strukturelle Machtposition der Arbeitgeber fast ausgeglichen.

These 5: Stoppen wir kurzfristige Produktivität auf Kosten der Allgemeinheit

Stichwort Generation Praktikum: Auf Kosten hoch motivierter Praktikant*innen werden unglaubliche Leistungen erreicht. Sind diese ausgebrannt, werden sie fallengelassen. Die immensen Gesundheitskosten werden der Allgemeinheit aufgebürdet, während privatwirtschaftliche Unternehmen die Gewinne abschöpfen. Aber auch den Unternehmen käme es zu Gute, wenn erfahrene Mitarbeiter*innen nicht wegen Burnout ausfallen würden.

These 6: (Zeit-)Wohlstand verteilen!

Zeitwohlstand ist Lebensqualität. Das wird bei Wohlstandsdebatten leicht vergessen. Die gerechte Verteilung von (Zeit-)Wohlstand ist zentrale gesellschaftliche Aufgabe.

These 7: Unternehmensgewinne umverteilen!

Der Nettolohn ist in den letzten zwanzig Jahren gesunken – trotz immenser Produktivitätssteigerungen. Die Einführung der kurzen Vollzeit könnte durch eine Rücksenkung der Unternehmensgewinne auf das Niveau von 1981 finanziert werden und gleichzeitig die staatlichen Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung drastisch senken.

These 8: Sprungbrett für weiterführende Forderungen

Arbeitszeitverkürzung ist die Voraussetzung für viele weiterführende Kämpfe und gleichzeitig Umsetzung von dringenden Forderungen, etwa des Bedingungslosen Grundeinkommens und der 4-in-einem-Perspektive.

These 9: Halbinseln gegen den Strom

Um kulturelle, wirtschaftliche oder einfach Gegenperspektiven aufzubauen und zu zeigen, dass ein anderes Miteinander möglich ist, wird entsprechender Freiraum benötigt. Dieser Freiraum ist sowohl darin zu messen, dass die Menschen genügend Geld haben, um gesellschaftliche Teilhabe zu leben – ebenso ist entsprechender zeitlicher Wohlstand dringend nötig.

These 10: Arbeitszeitverkürzung ist nicht leicht neoliberal umzudeuten

In der aktuellen Situation ist schwierig, Forderungen aufzustellen; allzu leicht werden gut gemeinte Vorschläge neoliberal umgedeutet. Wir müssen fordern: Die kurze Vollzeit bei vollem Personal- und Lohnausgleich für untere und mittlere Einkommen. Beispiel Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE). Würde die aktuelle Bundesregierung diese aufgreifen, sähe sie so aus: Jeder Mensch bekommt 500 Euro und effektiv würde die Arbeitsnotwendigkeit weiterhin bestehen. Am Ende wäre das BGE eine Subventionierung der Unternehmen.

These 11: Flexibilisierung und Arbeitsverdichtung bekämpfen

Durch Flexibilisierung der Arbeitszeiten sinkt für Arbeitnehmer*innen der Zeitwohlstand. Der Angriff auf Zeitinstitutionen wie den geregelten Feierabend und das freie Wochenende überkompensiert den positiven Effekt von kürzeren Arbeitszeiten für den Zeitwohlstand. Arbeitszeitverkürzung darf nicht an Flexibilisierungen geknüpft sein und muss bei vollem Personalausgleich stattfinden.

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